BSG Chemie Leipzig vs. VfB Zwenkau III

Nach drei Wochen Chemieabstinenz (bestimmt grausamer als jeder Rauschgiftentzug!) war es dem Autor endlich wieder einmal vergönnt, einem Spiel der grün-weißen Leutzscher beizuwohnen. Dementsprechend groß war die Vorfreude und auch das fantastische Wetter erwies sich als optimales Katerbekämpfungsmittel. Also noch fix zwei Bierchen in den Beutel gestopft und auf zum Busfahrertreffpunkt im Leipziger Süden. Dort stand auch schon die Meute versammelt, sodass es alsbald losgehen konnte.

Zu Gast auf dem „99er“ war diesmal die dritte Mannschaft des VfB Zwenkau, bei der momentan das Abstiegsgespenst herumspukt. Kein Zweifel also – die drei Punkte würden in Leutzsch (oder Lindenau; wer weiß?) – bleiben. Andererseits sollten die eher weniger glanzvollen Spiele gegen Schkeuditz und Schleußig Warnung genug sein, die Partie nicht allzu sehr auf die leichte Schulter zu nehmen. Gleichzeitig durften die 283 Zuschauer gespannt sein, wie sich der zurzeit merklich ausgedünnte Kader auf die Spielstärke der BSG auswirken würde.

Die Befürchtungen schienen – dies wurde bereits in der Anfangsphase deutlich – nicht völlig aus der Luft gegriffen zu sein. Gegen tief stehende Zwenkauer waren probate Mittel zur Setzung offensiver Akzente Mangelware. Lange Bälle, welche leider zu selten den anvisierten Mitspieler fanden, sowie verheißungsvolle Soloeinlagen, die allerdings spätestens beim vierten Gästeverteidiger ihr jähes Ende fahnden, strahlten eher wenig Gefahr aus. Folgerichtig war es eine Standardsituation, die Chemie in der 25. Spielminute zur Führung verhalf. Der VfB versäumte es, den Ball nach einem Eckball aus der Gefahrenzone zu befördern, sodass Nico Nicuruppo abstauben und das Leder in Maschen dreschen konnte. Wer nun allerdings die Hoffnung hegte, das Spiel gewänne an Fahrt, da Zwenkau sein Heil in der Offensive suchen würde, der sah sich getäuscht: Das zuvor beschriebene Bild prägte weiterhin die Szenerie eines mäßigen Kreisklassenkicks.

Apropos mäßig. Vielleicht das eine oder andere Wort meinerseits zur Stimmung. Geht es nur mir so, oder kommt auch euch der permanente Singsang eher gezwungen vor? Die Kurve glich über weite Strecken des Spiels einem Orchester, das den Anweisungen des Dirigenten brav Folge leistet. Eigene Ideen, kreative Einwürfe, ein Anflug von Spontaneität? Fehlanzeige. Das hab ich von früheren, zugegebenermaßen spannenderen Matches deutlich anders in Erinnerung. Die mit einem Anflug von Sarkasmus dahergekommene Zurechtweisung meiner sympathischen Blocknachbarin traf es schon ganz gut: „Aber, aber! Gesungen wird doch nur, was der Capo sagt!“ Nicht unbedingt das, was ich mir unter einer „freien Kurve“ vorstelle. Auch muss ich einer Aussage in der diesmal sehr prall gefüllten „Orange Times“ widersprechen. Natürlich ist das fußballerische Niveau nicht immer das Gelbe vom Ei. Dennoch würde ich schon für mich in Anspruch nehmen, in erster Linie des Spielgeschehens, und nicht etwa der Party im Block wegen mit von der Partie zu sein. Natürlich bietet sich mir dank der von Restriktionen weitgehend unbehelligten Kicks in der drittletzten deutschen Spielklasse die seltene Gelegenheit, den schnöden Alltag auszublenden und mal aus der Haut zu fahren. Trotzdem – daran besteht für mich kein Zweifel – steht für mich das Spiel unserer Chemiker ganz klar im Vordergrund. Aber genug gemeckert. In manchen Phasen hat das ganze durchaus Spaß bereitet und mit der einen oder anderen Pyroeinlage garniert gab der Block – dessen konnte ich mich in der zweiten Halbzeit von meinem Hintertorpöbelplatz überzeugen – ein feines Bild ab.

Ich würde jetzt gern einige Spielszenen der zweiten Halbzeit schildern. Gar nicht so einfach, denn viel passierte wirklich nicht. Obwohl der Sieg mangels Zwenkauer Angriffsambitionen nie gefährdet schien, war heute irgendwie der Wurm drin. Dies erkannte offenbar auch Trainer Radisa Radojicic, welcher nach 61 Minuten den wiedergenesenen Sven Schlüchtermann ins Spiel brachte. Sogleich gewann die Partie an Dynamik. Die guten Gelegenheiten häuften sich, wurden jedoch allesamt von Gästekeeper Müller (?) zunichte gemacht. Drei Minuten vor Spielende passierte es aber dennoch: Schlüchtermann, einmal mehr Chemies Dreh- und Angelpunkt, schnappte sich im Mittelfeld die Kugel und zog nach sehenswertem Doppelpass mit Christian Hense aus 13 Metern ab. Das Leder schlug unhaltbar im Zwenkauer Gehäuse ein und das Spiel war endgültig entschieden. Das Schiedsrichtertrio, das keinerlei Probleme bei der Spielleitung hatte, sah dies wohl ähnlich und pfiff pünktlich ab.

Sportliches Fazit: Die Zeit der Torreigen ist vorbei, stattdessen verdienen die Triumphe der Akteure mit dem Fünfeck auf der Brust zunehmend das Prädikat „Arbeitssiege“. Macht aber nichts, denn wer auf technisch anspruchsvollen Fußball aus ist, dem steht es natürlich frei, sich den Hintern auf einer der Schalenplätze der Red-Bull-Arena breitzusitzen, um diese nach 90 Minuten pfeifend und die eigenen Spieler verhöhnend zu verlassen. Die Chemie in der Mannschaft jedenfalls scheint zu stimmen, was anhand des kollektiven Torjubels mit dem heute nicht mitkickenden Marco Blanc deutlich wurde. Aufgabe für die kommenden Aufeinandertreffen sollte sein, die Konzentration hochzuhalten und nicht etwa den Schlendrian einkehren zu lassen. Nächster Gegner der Leutzscher ist die dritte Mannschaft von Blau-Weiß Leipzig, bevor es am übernächsten Wochenende zum Duell gegen den Spitzenreiter, die Reserve der Kickers aus Markkleeberg. Ganz klar ein Wegweiser im Kampf um den Aufstieg. Wir sehen uns!

Auf in die Stadtklasse!

Forza BSG!

Vitlafits Vid:

Bilderquelle: DerWaans Fotogalerie

Dieser Beitrag wurde unter BSG Chemie, Leutzsch abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

11 Antworten zu BSG Chemie Leipzig vs. VfB Zwenkau III

  1. nur_die_bsg schreibt:

    Ja, wenn ich den Torjubel mit Marco im Video sehe bekomme ich Gänsehaut. Einfach cool, wie die Mannschaft an ihn gedacht hat und ihm in der schweren Zeit den Rücken stärkt!

  2. ReinerUnsinn schreibt:

    Wieder einmal ein feiner Bericht, aber es gibt einen kleinen Recherchefehler. Zwenkau ist 12. und nicht abgeschlagen letzter. Sonst weiter so …

  3. Physiker schreibt:

    Sehr schöner Text. Viele richtige Sachen werden angesprochen. Cool dich bei der BSG zu haben.

  4. Sündenbock03 schreibt:

    @ReinerUnsinn: Vielen Dank für den Hinweis. War neulich in der Stadtliga aktiv, deren Schlusslicht die zweite Truppe von Zwenkau bildet. Verwechselt = )

  5. Zaunharry schreibt:

    Sehr ordentlicher Bericht, kann man alles so stehenlassen. Nur eines , das nächste Spiel ist gegen Blau-Weiß III am 27.03.11. Zu den Kickers geht es die Woche darauf.

  6. Sündenbock03 schreibt:

    Richtig. Ganz schön schlampig von mir. Gelobe Besserung.

  7. ChristianS schreibt:

    Ein Wort zum Support. Ich hatte es dir ja schon in der Halbzeitpause gesagt, die erste Hälfte fand ich vom Support her richtig gut. Schön laut, kaum Dauergesänge. Da war die zweite Hälfte schon wieder ganz anders, da wurde dann nämlich irgendwann in der 60. oder 70. Minute wieder die Platte mit dem Sprung rausgeholt – und bis zum Ende in Dauerschleife gespielt. Das fand ich nicht so dolle wie in der ersten Hälfte. Das Lied mit der Prager Straße hat sowieso gefehlt.
    Vielleicht ist das aber auch eine Exklusivmeinung, keine Ahnung.

  8. Hollmichel schreibt:

    Kleiner(zwei) Fehler im Tor von Zwenkau III. stand nicht Stefan Kolditz (spielte auf dem Feld als Einwechsler mit Nr. 12), sondern Sven Müller

  9. nur_die_bsg schreibt:

    Hier gehts ja richtig rund. Man sieht also, dass Spielberichte gefragt sind! Top!

Hinterlasse eine Antwort zu ChristianS Antwort abbrechen